green net project war zu Gast bei der Wandel-IT Konferenz am 02.10.2017 in Wolfen. Peter Hartmann und Markus Kollotzek haben teilgenommen und berichten über ihre Erfahrungen.
Veranstaltungsrahmen
Vom 01.-03.10.2017 fand in Wolfen die Initialkonferenz von Wandel-IT statt. Wir waren nicht über den gesamten Zeitraum vor Ort, sondern haben ausschließlich den zweiten Tag erlebt. Anschließend haben wir allerdings über Protokolle vom weiteren Fortgang des Projekts erfahren.
Der Veranstaltungsort war das Christopherushaus in Wolfen, Treffpunkt der Herzensgemeinschaft Wolfen, die im umliegenden Areal – einer ehemaligen Plattenbausiedlung – ein Ökodorf aufbauen möchte.
Initiator Wandel-IT Services
Die Initiative Wandel-IT Services hat mehrere IT-interessierte VertreterInnen von Ökodörfen, Lebensgemeinschaften und Wandelinitiativen aus dem deutschsprachigen Raum eingeladen.
Wandel-IT Services ist eine Projektschmiede für die Wandelbewegung, die derzeit in der Rechtsform der DIGITAL BUILDERS GmbH agiert. Derzeit wurden mehrere ISDN-Ablösungsprojekte für Lebensgemeinschaften umgesetzt und noch weitere werden folgen. Die Initiative hat den Anspruch auf Gemeinwohl und will insbesondere die AkteurInnen des ökosozialen Wandels unterstützen, primär Ökodörfer und Lebensgemeinschaften. Hierbei geht es um konkrete Problemlösungen im Bereich IT.
Die Absicht der Veranstaltung lässt sich am ehesten mit einem gängigen Problem erläutern: die ITlerInnen in den Projekten stehen häufig allein dar, es fehlt an Ressourcen und funktionierenden Tools und Lösungen. Die Recherche ist sehr zeitintensiv und bislang gibt es noch keinen regen Austausch unter den ITlerInnen der verschiedenen Projekte, so dass der Know-How-Transfer wenn überhaupt schleppend funktioniert. Die Annahme war weiterhin, dass viele Projekte entweder an eigenen oder an Insellösungen arbeiten, die im Aufbau viel Zeit verschlingen und anschließend sehr wartungsintensiv sind.
Wandel-IT Services bringt die Idee eines gemeinwohlorientierten Telekommunikations-Unternehmens ein. Dieses könnte dann verschiedene Aufgaben im IT-Bereich für die einzelne Projekte gebündelt übernehmen (z.B. IP-Telefonie und Internetzugänge) und so administrative Aufwände verringern. Diese Idee sollte dann am dritten Tag intensiver präsentiert und diskutiert werden.
Teilnehmer
Auf der Konferenz waren etwa 20 Teilnehmer aus unterschiedlichen Gemeinschaften und Initiativen (auch in Gründung) präsent. Die Menschen waren überwiegend IT-affin und kamen aus Bereichen von Programmierung, Administration, aber auch reine Anwender mit dem Wunsch eine funktionieren IT-Struktur nutzen zu können. Einige der TeilnehmerInnen haben beklagt, in ihrer Funktion als IT-AnsprechpartnerInnen überlastet zu sein. Das Bild der sich stapelnden reparaturbedürftigen Notebooks wurde häufiger genannt.
Folgende Organisationen / Initiativen waren vertreten:
- gASTWERKe e.V.
- Go&Change – Entwicklungsgemeinschaft für Lebensqualität
- Herzensgemeinschaft Wolfen
- Kommune Niederkaufungen
- Lebensgarten Steyerberg
- Lebenstraumgemeinschaft Jahnishausen
- Nature Community
- Ökodorf Sieben Linden
- ZEGG
- green net project
- Netzwerk Solidarische Landwirtschaft
- Unavision
- sowie die DIGITAL BUILDERS GmbH als Projektträger von Wandel-IT Services
Inhalte der Konferenz
Am Montag fand eine Vorstellungsrunde statt in der jeder TeilnehmerInnen kurz etwas zu sich sagte, zu seinen Interessen und zu seinen Herausforderungen des Alltags. Auch green net project konnte kurz über seine Aktivitäten, Pläne und die aktuelle Rechtsstruktur berichten. Darauf folgten verschiedene Open Spaces, die teilweise zeitlich parallel abliefen. Folgende Themenschwerpunkte wurden besprochen:
- Organisatorisches – welche Rechtsform eignet sicht für die IT-Belange der Projekte?
- Best Practice / Software / Praktische Anwendung – welche Anwendungen funktionieren gut, welche nicht, was kann man gemeinsam nutzen? Beispiele:
- Seminarorganisation
- Projektmanagement
- Vereinsverwaltung
- Buchhaltung
- Ethisches – welche Lösungen darf eine gemeinsame Initiative vorschlagen? Nur freie Software oder auch proprietäre einsetzen?
- Vernetzung – wie können wir auch in Zukunft unsere Erfahrungen teilen?
- Balance / Usability – was machen wir online, was machen wir offline? Wie beziehen wir Menschen ohne IT-Bezug in die Prozesse ein? Wie können wir die Anzahl der Kommunikationskanäle auf ein gutes Maß reduzieren?
Ergebnisse
Im Rahmen der Open Spaces kam die Idee auf, ein IT-Starterpaket für Wandelinitiativen zur Verfügung zu stellen, damit insbesondere Initiativen in Gründung einen leichteren Einstieg finden. Komponenten dieses Pakets könnten dann bspw. Seminarorganisation, Projektmanagement, Lösungen für interne Kommunikation, etc. sein. Hierbei sind wir uns der konzeptionellen Parallelen zur „Platform Coop ID“ (Toolbox für genossenschaftlich organisierte Internetplattformen) sehr bewusst.
Die Bedarfe und Probleme der einzelnen TeilnehmerInnen wurden konkret sichtbar gemacht und ein Austausch darüber ermöglicht. Es gibt nun ein gemeinsames Verständnis davon, wo der Schuh drückt.
Die Idee von „Open Telecom“ stieß weiterhin auf breites Interesse. Es wurde am Mittwoch eine Absichtserklärung von 17 Teilnehmern unterschrieben und es wurden Spendengelder zugesagt, um die Phase der Konzeptentwicklung anzustoßen.
Für den weiteren Prozessablauf möchten die TeilnehmerInnen auch miteinander in Kontakt bleiben. Um den Arbeitsprozess zu gewährleisten und den Austausch zu erleichtern, wird ein Hubzilla-Knoten in Betrieb genommen. Dort können sich die einzelnen TeilnehmerInnen anmelden und miteinander kommunizieren. Gleichzeitig wird damit Hubzilla als potenzielles Tool getestet und erste Erfahrungen in der Praxis gesammelt.
In der nächsten Zeit soll dann die Open Telecom gegründet werden. Die Rechtsform dahinter ist noch nicht beschlossen, es gibt aber Tendenzen, dies z.B. genossenschaftlich zu handhaben oder als Teil eines Vereins tätig zu sein. Der frekonale e.V. hat auch seine Bereitschaft kundgetan, als Gesellschafter einer gemeinnützigen Organisation zu fungieren.
Unser Fazit
Die Nutzung von WECHANGE-Etherpads als Dokumentationswerkzeuge erwies sich während der Open Spaces als sinnvoll und effizient. So konnten die einzelnen Gruppen während der Sitzung bereits voneinander erfahren, was gerade Thema in den anderen Gruppen ist. Und bei Gemeinsamkeiten konnte man kurzerhand den Raum wechseln und sich zur anderen Gruppe setzen. Das war eine neue und spannende Erfahrung für uns – und verfestigte gewissermaßen unsere WECHANGE-Affinität.
Die Konferenz hat uns weiterhin gezeigt, dass die Annahmen von Wandel-IT Services richtig waren. Es gibt Probleme, die für viele TeilnehmerInnen fast deckungsgleich sind. Diese wurden sichtbar gemacht und protokolliert. Am Ende der Veranstaltung hatte jedeR TeilnehmerIn ein Gespür für gemeinsame Bedarfe.
Wir waren von der Veranstaltung begeistert, da so zahlreiche Menschen als Vertreter unterschiedlicher Initativen zusammen gekommen sind, die im Alltag nicht zueinander kämen. Es wurde ein Raum für den Austausch geschaffen und man ist sich nicht nur fachlich, sondern auch persönlich begegnet. Dankbar sind wir auch für das hervorragende vegane Catering, das größtenteils aus gemeinsam zusammengetragenen Lebensmitteln zubereitet wurde.
Bis auf vereinzelte Kontroversen herrschte eine allgemein positive Atmosphäre. Reibungspunkte gab es nach unserer Beobachtung ausschließlich bei der Findung der Open Space Themen. Diese konnten aber innerhalb kurzer Zeit aufgelöst werden, da allen Teilnehmern das Ziel wichtiger war als Selbstdarstellung.
Das Altersspektrum war relativ breit, der jüngste Teilnehmer war ca. 20 Jahre alt, der älteste schätzungsweise um die 70. Die Anzahl an Frauen war relativ gering, was wir uns mit dem thematischen Schwerpunkt auf IT erklären. Aber es waren einige Frauen da und darüber haben wir uns gefreut, gerne darf der Anteil zukünftig größer werden.
Mitwirken
Wie geht es weiter? Die Gruppe „Open Telecom“ ist offen für alle Interessierten und kommuniziert über ein WECHANGE-Projekt. Der Link hierzu ist: https://wechange.de/project/open-telecom/.
Wer mitwirken möchte, sollte Mitglied der Gruppe werden. Die Anmeldung bei WECHANGE ist auch kostenfrei und nicht kompliziert.
Das klingt ja nach einer tollen Vernetzung.
Wann findet mal wieder so eine Konferenz statt?
Wir mit der Karte von morgen wären jeden Falls gerne dabei:
Am 16.-18.01. im Lebensgarten Steyerberg. Habe eben mal die Veranstaltung hier eingetragen: https://greennetproject.org/Veranstaltung/2-it-konferenz-der-wandelakteure/