Openbook – freies und sicheres soziales Netzwerk mit einfachem Einstieg

Soziale Medien sind in letzter Zeit häufiger in den Nachrichten aufzufinden. Immer wieder gibt es Skandale um den Umgang mit persönlichen Daten.
Openbook möchte allen Menschen, die jetzt von Facebook weg wollen, eine offene und sichere Alternative bieten und den Wechsel so einfach wie möglich gestalten.

Wir haben ein Interview mit Joel Hernández geführt, der Openbook initiiert hat. Zugegebenermaßen haben wir nicht alle Fragen genauso gestellt wie sie hier im Artikel stehen – und Joel hat auch nicht wortwörtlich so geantwortet. Prinzipiell haben wir den Artikel aber nach bestem Wissen und Gewissen ausgearbeitet und freuen uns auch über nachträgliche Korrekturen, die wir aufgrund der Zeitknappheit etwas nach hinten geschoben haben – denn aktuell läuft die Crowdfunding-Kampagne. Einige inhaltlichen Lücken haben wir auch noch. An den Stellen, an denen uns noch Informationen fehlen, haben wir es kenntlich gemacht. Wir haben das Interview auf Englisch geführt und es in Deutsch verschriftlicht.

Dies ist der zehnte Artikel aus unserer Themenreihe „Digitale Vernetzung der Wandelbewegung“.

Beschreibe in max. 3 Sätzen das Projekt, an dem Du gerade arbeitest.

Openbook wird eine einfache Plattform, die weitestgehend identisch zu Facebook ist, aber ein anderes Geschäftsmodell hat.
Uns geht es darum, AnwenderInnen ein soziales Netzwerk zu geben, das nicht nur Open-Source und sicher ist, sondern auch die Privatsphäre achtet.
Den Funktionsumfang von Facebook ahmen wir weitestgehend nach, so dass der Umstieg einfach möglich wird.

Nutzt Du eine bestehende Plattform-Lösung oder entwickelst Du etwas eigenes?

Openbook ist eine Eigenentwicklung.

Warum hast Du Deine Entscheidung so getroffen?

Wir haben insbesondere den Anspruch, eine End-zu-End-Verschlüsselung umzusetzen. Das ist eine recht neue Technologie, die es in der Form noch nicht gibt. Dementsprechend mussten wir selbst Hand anlegen.

Was ist der Zweck der Plattform, die Du einsetzt?

Openbook ist in erster Linie ein soziales Netzwerk. Es hat den gleichen Sinn wie Facebook und Co. – Menschen zu verbinden, Austausch zu ermöglichen und einfach, um Spaß zu haben.

Openbook sieht auf den ersten Blick Facebook recht ähnlich – (c) open-book.org

In welchem Stadium befindet sich die Plattform (Idee, Prototyp, fertiges Produkt)?

Derzeit gibt es einen Prototypen, der zu etwa 70 % fertig ist. Er ist nicht marktreif und braucht noch einiges an Entwicklung, ehe wir ihn veröffentlichen können.

Für welche Zielgruppe ist die Plattform gedacht?

Ganz einfach – für alle Menschen, die digital in Verbindung mit anderen Menschen bleiben möchten. Ich denke dabei auch bewusst an meine Großmutter – wir müssen die Plattform so einfach machen, dass meine Oma damit auch zurecht kommt.

Wie erreichen die Plattform-Entwickler ihre Benutzer?

Wir haben eine sehr breit angelegte Medienkampagne. Neben Veröffentlichungen in zahlreichen internationalen Medien haben wir derzeit eine Crowdfunding-Kampagne am Laufen.
Auf der Kickstarter-Kampagne veröffentlichen wir seit kurzem übrigens auch Projektupdates ;-).
Und wir haben natürlich eine Facebook-Seite, auf der wir über aktuelle Neuigkeiten informieren.

Die Crowdfunding-Kampagne auf Kickstarter hat ein witziges Video – (c) open-book.org

Wie groß ist die Community der Plattform und wie aktiv ist diese?

Das lässt sich schwer schätzen, da man sich bei Openbook noch nicht offiziell anmelden kann. Wir haben alleine auf der Kickstarter-Kampagne über 600 UnterstützerInnen – also potenzielle NutzerInnen. Unsere Zielgruppe ist allerdings genauso groß wie die NutzerInnen-Zahl von Facebook, also ca. 2 Milliarden Menschen.

Hat die Plattform einen thematischen Schwerpunkt?

Nein. Alle Themen sind erlaubt.

Was sind die Kernfunktionen der Plattform?

Überwiegend klassische Social-Media-Funktionen – also ein eigenes Profil, Verbindungen zu Freunden, Beiträge mit Text / Bild / Video usw.
Nichts Spektakuläres also.
Was bei uns hinzukommt, ist ein Marktplatz-Feature. Dort kann man Produkte und Dienstleistungen kaufen / verkaufen. Das gibt es zwar auch bei Facebook, spielt aber eine wichtige Rolle für uns. Warum, erzähle ich später noch einmal.

Was ist das Alleinstellungsmerkmal der Plattform?

Es bietet denselben Funktionsumfang wie Facebook, ist aber Open-Source und respektiert die Privatsphäre.
Facebook setzt verschiedene Tracking-Mechanismen ein, um aus Werbegründen möglichst viel über seine AnwenderInnen zu erfahren. Wir tun das nicht – kein Tracking, keine Werbung.

Gibt es ähnliche Plattformlösungen / Mitbewerber?

Ja, wir haben uns dazu schon einige angeschaut, z.B. Diaspora.

Die sind technisch teilweise recht elegant gelöst. Allerdings sind wir hierbei auf zwei Probleme gestoßen:

  • Die Alternativen sind meist schwierig zu bedienen – bei Diaspora muss ich mir z.B. erst einmal einen Server aussuchen. Und ich muss mich in der Bedienung umgewöhnen. Nichts für meine Oma.
  • Das dezentrale Design widerspricht dem Wunsch der User, ihre Daten nur an einer sicheren Stelle zu speichern.

Wie ist der technische Aufbau der Plattform?

Anm. der Redaktion: hierzu ist uns bislang nichts bekannt. Die Internetseite ist mit Python / Django umgesetzt. Vermutlich werden bei Openbook eine ähnliche Technologie und ein Haufen JavaScript im Frontend eingesetzt.

Ist die Plattform eine Open-Source-Lösung?

Ja, der Quellcode ist aber noch nicht veröffentlicht.

Hat die Plattform Schnittstellen?

Wir planen die Integration von Apps, die vereinzelte Informationen von Openbook-NutzerInnen auf Anfrage erhalten dürfen. Uns ist hierbei wichtig, dass jederzeit transparent ist, welche Informationen dabei erfragt werden – und die Möglichkeit besteht, das wieder rückgängig zu machen.

Was wir uns auch wünschen, ist ein Import von Facebook-Daten. Mit der DSGVO sind Unternehmen dazu verpflichtet, die Daten ihrer NutzerInnen auf Anfrage bereitzustellen. Wenn man seine Daten von Facebook bekommt, kann man die bei Openbook importieren und hat seine komplette Timeline und Kontakte wieder da – so gut es eben geht.

Wie ist das Geschäftsmodell der Plattform?

Im Gegensatz zu Facebook verdienen wir kein Geld mit Werbung. Die wird es bei uns auch niemals geben.
Derzeit ist unsere Überlegung, uns über den Marktplatz zu finanzieren. Bei jeder Transaktion über den Marktplatz würden wir eine geringe Gebühr aufschlagen. Bei entsprechend vielen Transaktionen könnten wir so kostendeckend arbeiten.

Teil unseres gemeinwohlorientierten Ansatzes ist auch 30% unserer Umsätze an Projekte zu spenden, die unsere Welt zu einem besseren Ort werden lassen wollen.

Aktuell läuft eine Crowdfunding-Kampagne, mit der wir die Kosten für ein Jahr decken wollen. Dafür brauchen wir ca. 100.000 Dollar.

Was ist die Historie der Plattform?

Openbook gibt es seit etwas über einem Jahr. Wir haben anfangs eine Menge Recherche betrieben und haben Konzepte zum Thema Verschlüsselung erarbeitet.
Seit Juli 2018 läuft unsere Crowdfunding-Kampagne.

Wer steht hinter der Plattform?

Wir sind 10 Leute aus unterschiedlichen Bereichen. Ich, Joel Hernandez, bin Initiator und im Bereich IT-Sicherheit aktiv.
Prominente Unterstützung erhalten wir derzeit vom Erfinder von PGP – Phil Zimmermann.

Das Team von Openbook – (c) open-book.org

Wo ist die Geschäftsstelle der Plattform?

In Den Haag, Niederlande.

Welche Rechtsform habt Ihr?

Wir sind eine BV – das ist so etwas wie die niederländische Version einer GmbH.
Übrigens sind wir keine gemeinnützige Organisation. Zu dem Thema haben wir lange diskutiert und sind zum pragmatischen Schluss gekommen, dass uns die Gemeinnützigkeit an dem Wachstum hindern würde, das wir brauchen, um Milliarden von NutzerInnen zu bedienen.

Bei Investitionen ins Unternehmen achten wir aber darauf, dass es sich um echte Menschen handelt, die sich mit unseren Werten Privatsphäre, Sicherheit, Freiheit, Offenheit und seinem humanitären Charakter identifizieren.

Wünscht Ihr Euch Unterstützung?

Ja, und zwar können LeserInnen direkt Folgendes tun:

  • die Internetseite mit der Welt teilen,
  • FreundInnen und Bekannten davon erzählen,
  • EntwickerInnen können uns mit unserer Internetseite helfen.
  • Wir sind auch auf der Suche nach Ideen,
  • Personen des öffentlichen Lebens könnten uns als Botschafter unterstützen.
  • Wir schreiben auch einige Jobs aus

Das steht im Detail auf unserer FAQ-Seite.

Kooperiert Ihr mit weiteren Partnern?

Anm. der Redaktion: Dazu ist uns aktuell auch nichts bekannt – cool ist aber, dass green net project auf der Kickstarter-Seite genannt wird.

Was sind die nächsten Schritte für die Plattform?

Wenn die Crowdfunding-Kampagne abgeschlossen ist, werden wir viel Zeit in Entwicklung und Testing investieren. Im März 2019 wollen wir bereits die erste Alpha-Version veröffentlichen und die Beta-Version einen Monat später. Offizieller Launch soll im Mai 2019 sein.

Was ist Dein Fazit zur Plattform?

Aktuell haben wir ziemlich viel ehrenamtliche Arbeit in das Projekt fließen lassen. Wir hoffen, durch die Crowdfunding-Kampagne eine finanzielle Sicherheit für ein Jahr zu bekommen, und schauen dann weiter.

Zur Rechtsform – wir finden auch das Thema Genossenschaften interessant. Es ist sicherlich eine Überlegung wert, eine Genossenschaft ins Leben zu rufen – so dass die AnwenderInnen auch gleichzeitig BesitzerInnen der Plattform sein können. Das haben wir bislang noch nicht weiter durchdacht, haben wir aber auf dem Schirm.

Zur Technik – es zeichnet sich bislang nicht ab, dass es eine blockchainbasierte Lösung für ein soziales Netzwerk geben wird. Wir haben überlegt, wie sich das umsetzen ließe, sind aber an Datenschutz-Themen gescheitert. Anscheinend gibt es gerade niemanden, der Blockchain-Lösungen datenschutzkonform bauen kann (DSGVO). Beispielsweise muss es möglich sein, seine Daten nachträglich zu löschen. Im Falle einer Blockchain geht das nicht, da immer nur neue Einträge ergänzt werden.

Zur Zukunft – ich glaube fest daran, dass wir eine solide Alternative zu Facebook schaffen können, die leicht zu bedienen ist. Und wir versuchen, das technisch so solide wie möglich zu tun. Besonders ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die auch von anderen Anwendungen gerne adaptiert werden kann.

Schaut unsere Internetseite open-book.org an und unterstützt unsere Crowdfunding-Kampagne, das Video ist super geworden!

8 Antworten auf „Openbook – freies und sicheres soziales Netzwerk mit einfachem Einstieg“

  1. Ja, bin grad dem Link im Artikel gefolgt, und dann auch auf den Relaunch gekommen.

    Vielleicht könnte der Link im Artikel auf die aktuelle Kampagne geändert werden ???

    Freundliche Grüsse,
    Sean

    1. Auf der Facebook-Seite von Openbook habe ich am 01.04. die Meldung gelesen, dass es bereits seit zwei Wochen einen Alpha-Test gegeben habe.
      Ende des Monats April erwarte man einen Beta-Test.

      Für den Beta-Test kann man sich auf der Internetseite anmelden und das habe ich auch mal getan. Bin gespannt, wann ich die Mail mit der Einladung erhalte 🙂

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