Manuela Bosch über demokratische Unternehmensformen

Dieses Mal haben wir mit Manuela Bosch gesprochen, die kooperative Projekte und Organisationen berät. Sie bringt dabei achtsamkeitsbasierte Führungstechniken, Projekt- und Organisationsentwicklung sowie Selbstmanagement zusammen.

Darüber hinaus ist sie seit 2016 bei der PlatformCoop-Bewegung (Zusammenschluss kooperativer Gemeinschaftsplattformen) dabei. Manuela hat für kooperative Plattformprojekte eine Art Rahmenwerk entwickelt, das einen Überblick über die Fragestellungen und Möglichkeiten in der Organisationsentwicklung gibt: das Ownership & Governance-Kit für kooperative Plattformen. Der Prototyp wurde im Rahmen der Platform-Coops Online-Serie am 7. Mai vorgestellt.

Hallo Manuela, kannst Du Dich und Deine Aktivitäten kurz vorstellen?

Das Kit für Organisationsentwicklung kooperativer Plattformen ist aus meinen Beratertätigkeiten entstanden. Ich berate seit 2010 Gründern*innen von Gemeinschaftsprojekten in Fragen der kollektiven Führung und Selbstorganisation, aber auch bei Business-Konzepten und Markenentwicklung.

Das Ownership & Governance-Kit zeigt Beispiele auf, wie wir über Eigentums- und Steuerungs-Themen nachdenken und entscheiden können. Denn Gemeinschaftsplattformen haben viele Möglichkeiten der Umsetzung. Eine kooperative Plattform bzw. Organisation muss nicht zwingend eine Genossenschaft sein, sondern kann auch in Form eines Vereins gegründet werden. Hauptsächlich geht es darum, die vom Platform Coop Konsortium vorgeschlagenen Prinzipien für Platform Coops – Borad based Ownership & Democratic Governance – in der Organisationskultur und -struktur abzubilden. Kurzum: Es gibt eine Vielzahl von Fragen – über Rechtsformen hinaus –, die geklärt werden dürfen, um auf kooperative Weise Güter und Vermögenswerte zu teilen und zu organisieren. Das Kit gibt Orientierung und zeigt Möglichkeiten auf.

Wie ist der aktuelle Stand Deiner Aktivitäten?

Ich habe Gründer*innen über Förderungen des Bundesministeriums für Forschung und Ausfuhrkontrolle (BaFa) beraten. Dessen Corona-Programm wurde zwar gestrichen, aber es gibt weitere Fördermöglichkeiten. Dazu bin ich permanent mit Menschen, die Teil von Coops und Gemeinschaften sind, mit Aktivist*innen, Visionär*innen und Kolleg*innen, im Gespräch für gegenseitigen Austausch und Vernetzung.

Des Weiteren arbeite ich an eigenen Startup-Ideen und Gemeinschaftsprojekten mit. Eines davon beschäftigt sich mit Data Commons und Daten-Visualisierung. In dem Gemeinschaftsprojekt Moos in Berlin Treptow, in dem unser Büro ansässig ist, experimentieren wir gerade damit, eine blockchainbasierte Gemeinschaftswährung einzuführen; für die technologische Umsetzung sind die Plattformen Trustlines und Ciclers im Gespräch.

Im August gebe ich ein Seminar der besonderen Art. Hier wird es darum gehen, die eigenen Leadership-Kapazitäten auszubauen. Das Seminar ist eine mehrtägige Visionssuche, deren Programm hauptsächlich ein vier Tage und Nächte langes Ritual in der wilden Natur sein wird. Solche Praktiken verstehe ich als eine Grundlage, um das persönliche Vermögen zu entwickeln, visionäre Gemeinschaftsprojekte in ungewissen Zeiten zu leiten und zu inspirieren.

Wie bist Du auf die PlatformCoop-Bewegung gestoßen und für wie relevant hältst Du diese für die gesellschaftliche Zukunft?

Ich bin zum ersten Mal 2016 über Danny Spitzberg auf dieses Thema aufmerksam geworden. Damals gab es ja die #BuyTwitter Kampagne. Unsere Mission war es, Twitter in eine Genossenschaft umzuwandeln, um den Usern, die ja die eigentlichen Schöpfer der Inhalte von Twitter sind, Möglichkeiten zur Mitbestimmung zu geben.

Hinzu kommt meine persönliche Überzeugung, dass man viele gesellschaftliche Herausforderungen nur dann lösen kann, wenn wir die Wirtschaft anders gestalten. Ich denke da an eine kooperative Wirtschaft, in der die Eigentumsfragen so geregelt sind, dass alle beteiligten Stakeholder mitverantwortlich sein können und für das sind, was eine Organisation “produziert” und wie sie mit ihren Kunden, Mitarbeitern und der Umwelt umgeht.

Ich sehe, dass es weltweit schon jetzt ganz viele funktionierende Coops gab und gibt. Ein Beispiel ist die vor 170 Jahren gegründete Nachrichtenagentur Associated Press. Oder der Agrar-Verbund LPG. Diese Organisationen würden sich nicht als Platform Coops bezeichnen, sie funktionieren aber zum Teil mit genau denselben Prinzipien. Wer mehr dazu erfahren will, dem kann ich Nathan Schneiders jüngstes Buch Everything for Everyone empfehlen.

Wirst Du auch in Zukunft bei der PlatformCoop-Bewegung aktiv sein?

Ich werde weiterhin am Ownership & Governanace-Kit arbeiten und an der PlatformCoop-Bewegung partizipieren. An den Veranstaltungen, die vom Supermarkt Berlin und Platform Coop Germany organisiert werden, nehme ich zum Beispiel immer wieder gern teil.

Zudem berate ich soziale Startups und Gemeinschaftsprojekte hinsichtlich der Möglichkeit, sich als kooperative Gemeinschaftsplattform aufzustellen.

Als Advokatin beobachte ich sehr gespannt, wie sich die PlatformCoop-Bewegung insgesamt weiterentwickelt, und teile diese Begeisterung mit meinem Netzwerk.

Vielen Dank für das Gespräch.

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